André KiehneKinder aufwachsen zu sehen, ist eine wirklich aufregende Sache. Ich bin gerade von einer kurzen Geschäftsreise zurückgekehrt und nach der Umarmung zur Begrüßung hatte ich das Gefühl, dass meine Kinder in meiner kurzen Abwesenheit gewachsen sind. Die nächste Generation zu beobachten, zeigt einem, wie schnell sich die Welt verändert. Als ich abends zur Ruhe kam, fragte ich mich: Erleben wir, dass die nächste Generation 4.0 des Web erwachsen wird?

Inwieweit wird Cloud Computing die Entwicklung des Web beeinflussen? Wie können wir effektiv mit der gewaltigen Informationsmenge umgehen, die von all den vernetzten intelligenten Geräten erzeugt wird? Wann werden wir endlich von Cloud Computing profitieren können (falls wir dies wollen)? Nun, es scheint, als könnten in den nächsten 12 Monaten wesentliche Veränderungen stattfinden. Vor einigen Tagen verkündete das deutsche High-Tech-Unternehmen Bitkom, dass Cloud Computing einer der größten Trends dieses Jahres werde – genau genommen DER Trend. Für über 66 Prozent der deutschen Unternehmen hat Cloud Computing oberste Priorität  –  schon das dritte Jahr in Folge. Wenn es boomt, wird es mehr verändern als nur unsere Arbeitsweise.

Der Umsatz mit Cloud-Services für Privat- und Geschäftskunden wird in Deutschland bis 2015 voraussichtlich 13 Mrd. Euro erreichen. Das ist dreimal mehr als heute! Aufmerksame Beobachter dürften bereits bemerkt haben, dass der Wettbewerb auf dem Cloud-Markt zunimmt. Dies hat für Cloud-Kunden Vorteile, weil immer mehr spezialisierte Anbieter Ihre Angebote verbessern werden.

Das ist jedoch nur eine kleine Auswirkung des Aufstiegs von Cloud Computing. Es wird auch zwei andere Trends beschleunigen:

  1. Mobiles Computing. Mobiles Computing steht auf der Liste der Prioritäten für 53 Prozent der deutschen Unternehmen an zweiter Stelle. Die Menschen lieben ihre Smartphones, Tablet PCs und anderen Geräte. Was jedoch das Wichtigste ist: vor allem Führungskräfte erkennen allmählich die Vorteile und treiben den Wandel von oben nach unten voran.
  2. Unternehmensvernetzung – von der menschlichen Seite. Die interne Kommunikation innerhalb eines Unternehmens wird sich zunehmend auf Social-Networking-Lösungen stützen. Mit dem Büro in Ihrer Tasche sind Sie immer mit dem Unternehmen verbunden und stets auf dem Laufenden. Anfangs wird die Verbindung in erster Linie intern sein, mit Ihren Kollegen. Auf lange Sicht werden sich Unternehmen jedoch öffnen und direkt mit ihren Kunden, Partnern und Stakeholders kommunizieren und interagieren.

All dies führt uns zur nächsten Konnektivitätsebene – Web 4.0. Seth Godin hat darüber schon 2007 in seinem Blog gesprochen. Obwohl die Bezeichnung immer noch über keine allgemein anerkannte, umfassende Definition verfügt, gibt es heute alle Elemente, die Seth mit Web 4.0 assoziierte: Allgegenwärtigkeit (durch die Cloud und mobiles Computing), Identität (durch soziale Netzwerke) und Verbindung (durch soziale Medien). Kurz gesagt – bei Web 4.0 geht es darum, Verbindungen zwischen Individuen herzustellen, um Spürsinn, der weit über einfache Suchmaschinen hinausgeht, und nicht zuletzt um das Netzwerk aller Gleichgesinnten, die Initiative ergreifen und sich gegenseitig antreiben. Sie können es aber auch als ein Instrument betrachten, Ihre Möglichkeiten über die Cloud auszuweiten – ebenso wie enge Familienbande Ihnen helfen, stärker zu sein als allein.

Für mich beschreibt dies nicht nur die Zukunft des Web sondern auch die Zukunft unserer Kultur. Verhalten und Einstellungen folgen sozusagen Funktion und Technologie. In naher Zukunft werden es soziale Netzwerke und verschiedene Cloud-Modelle immer mehr Menschen ermöglichen, eng auf internationaler Ebene zusammenzuarbeiten. Technologie gewährt uns schon heute diese Freiheit. Und gleichzeitig werden die steigende Zusammenarbeit und zunehmenden direkten Kontakte den Umgang mit Menschen und mit den täglichen Herausforderungen auf der Arbeit verändern. Erfolgreiche Support-Kanäle auf Twitter und Facebook bieten einen flüchtigen Blick darauf, wie diese Interaktion zukünftig aussehen könnte.

Es geht jedoch nicht nur um den Wandel in unserer Arbeitsumgebung. Objekte und Menschen werden in physischen und in virtuellen Welten miteinander verbunden sein. Die erweiterte Realität, oder Augmented Reality, verbindet bereits das wirkliche Leben mit Daten und bietet so erhebliche Vorteile. Heerscharen von intelligenten Geräten sind mit dem Internet verbunden und erzeugen eine enorme Datenmenge – vom einfachen Foto bis hin zum Foursquare-Einchecken per GPS-Daten Ihres Wagens oder Telefons. Das Internet der Dinge befreit uns allmählich von niederen Aufgaben wie der Verfolgung und Dokumentierung des Güterstroms. Beispiele dafür sind die Überwachung von Lebensmitteltransporten oder die Verfolgung pharmazeutischer Waren, die gewährleisten, dass der Verbraucher hochwertige Produkte erhält. Über die Cloud können all diese Daten verbunden werden und einen Mehrwert schaffen. Viele verschiedene Szenarien sind vorstellbar und möglich – wie Gesundheitssysteme, die den medizinischen Zustand einer Person kontinuierlich überwachen und nötigenfalls Interventionen empfehlen. Ich bin sicher, wenn Sie darüber nachdenken, werden Sie dutzende ähnlicher erster Schritte in Ihrem eigenen Umfeld finden.

Leonardo da Vinci sagte einmal: „Armselig der Schüler, der seinen Meister nicht übertrifft.“ Vielleicht ist es ja an der Zeit anzuerkennen, dass die nächste Generation der Technologie „erwachsen“ geworden ist und uns das ein oder andere beibringen kann. So kann beispielsweise ein Wandel hinsichtlich der Verwendungsweise von Technologie wichtiger sein als die Technologie selbst. Aus unternehmerischer Sicht wirft dies die Frage auf, wer diesen Wandel vorantreiben sollte. Das Management? Oder wird es eine Graswurzelbewegung, die von den Mitarbeitern ausgeht? Was sind die Hindernisse für einen Wandel? Ist es die Technologie oder die geistige Haltung? Wie denken Sie über Web 4.0?

Mit freundlichen Grüßen,
Andre Kiehne
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