Satoru HayashiEine anhaltende Auswirkung der Ereignisse vom März 2011 ist, dass viele japanische Unternehmen sich verstärkt international ausrichten. Warum dies so ist, erklärt Satoru Hayashi, Executive Vice Chairman of the Board bei Fujitsu Technology Solutions:

Am 11. März 2011 erschütterte das Tohoku Erdbeben mit einer Stärke von 9,0 die Ostküste Japans. Dies führte zu einer zweiten Naturkatastrophe: Eine riesige, 30 Meter hohe Flutwelle zog alles mit sich, als sie an der japanischen Küste aufschlug. Das Meerwasser durchbrach den Schutzwall des Atomkraftwerks Fukushima und löste eine dritte Katastrophe aus: die Kernschmelze im Kraftwerk. Daraufhin sah sich die japanische Regierung gezwungen, eine Sperrzone in einem Radius von 20 Kilometern um das Kraftwerk herum einzurichten.

Ein Jahr später leben immer noch mehr als 340.000 Menschen in Notunterkünften. Die Aufräumarbeiten gehen weiter – so wird zum Beispiel durch Seewasser verunreinigter Boden ersetzt. Das Abschalten des kompletten Kraftwerks wird bis zu 40 Jahre dauern. Die japanische Regierung investiert rund 200 Milliarden Euro für Wiederaufbau- und Sanierungsprojekte, die Informationstechnologie wird im großen Umfang dazu beitragen, sowohl neue erdbebensichere Gebäude zu konstruieren, als auch ein sicheres Stadtbild zu entwickeln.

Die Folgen des Erdbebens

Auch heute noch sind die Narben des Erdbebens in Japan deutlich sichtbar. Viele Menschen überdenken ihre Lebensgewohnheiten und stellen sich fundamentale Fragen, beispielsweise nach dem Wohnort – so schrumpfte die Bevölkerungszahl in einigen Küstenstädten um bis zu 20 Prozent. Und während andere das Land gänzlich verlassen haben, steht den Gebieten, in denen Fischfang und Landwirtschaft die wichtigsten Industriezweige waren, der Wiederaufbau noch ganz am Anfang.

Bis vor einem Jahr war die Kernenergie eine der wichtigsten Energiequellen des Landes. Hier gab es einen bedeutenden Wandel. Von ehemals 54 japanischen Atomkraftwerken sind heute nur noch zwei am Netz. Die dadurch entstandene Lücke in der Stromerzeugung wird durch den Import von fossilen Brennstoffen geschlossen.

Den Globalisierungsfunken überspringen lassen

In Japan, das lange vom Export abhängig war, überdenken viele Unternehmen nun ihre Art Geschäfte zu machen. Dies geschieht nicht nur wegen des Erdbebens, sondern auch weil sich der Yen relativ stark auf den globalen Märkten präsentiert und daher den Export verteuert – allein in diesem Jahr steigerte sich der Gewinn der Währung gegenüber dem Euro und dem US-Dollar um zehn Prozent. Diese Faktoren haben viele japanische Unternehmen –  darunter auch Fujitsu – dazu bewogen, über die Landesgrenzen hinweg zu expandieren. Unternehmen mit Hauptsitz in Japan verändern ihre Geschäftsmodelle. Sie fokussieren und investieren außerhalb des heimischen Marktes. Schwerpunkte sind dabei Süd-Ost-Asien und Europa.

Ich denke, dass immer mehr japanische Unternehmen den Wandel von internationalen zu wirklich globalen Unternehmen vollziehen werden – indem sie Tochtergesellschaften außerhalb Japans gründen und wachsende Erträge aus den laufenden Geschäftsaktivitäten in diesen Ländern erwirtschaften. Ich erwarte, dass japanische Unternehmen aktiver werden in Bezug auf globale Fusionen und Übernahmen, um die Globalisierung zu beschleunigen.

Der Umgang mit Naturkatastrophen

Trotz der Katastrophe hat das Erdbeben auch Japans Führungsposition bei der Herstellung von Technologie zur Bewältigung von Naturkatastrophen unter Beweis gestellt. So haben die Erdstöße das Fujitsu Takebashi Rechenzentrum in der Präfektur Tokio um sechs Zentimeter verschoben – und obwohl die Energie-und Wasserversorgung abgeschnitten war, konnten wir die vorhandenen Ressourcen so einsetzen, dass das Rechenzentrum zu jeder Zeit den Betrieb aufrecht erhalten konnte.

Das globale Interesse an der Gestaltung von erdbebensicheren Gebäuden wächst. Fujitsu leistet seinen Beitrag unter anderem mit High-Performance-Rechnern, die in ganz Japan sowohl bei Baufirmen als auch bei vielen Gemeinden im Einsatz sind. Diese simulieren die natürlichen Folgen der Beben und Tsunamis und helfen, die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Bauwerke und die Infrastruktur zu verstehen. Wenn wir in der Lage sind, Städte zu bauen, die Naturkatastrophen besser standhalten können, gibt es weniger langfristige Störungen.

Die Bedeutung von Cloud Computing

Fujitsu konnte zudem auf Cloud Computing basierende Technologien anbieten, die eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Erdbeben und Tsunamis gespielt haben. Diese wurden nicht nur von den lokalen Behörden genutzt, deren eigene EDV-Systeme defekt oder zerstört waren, sondern auch für die Zusammenführung von Familien, die durch die Ereignisse des 11. März 2011 getrennt wurden.

Das Fujitsu Tsuna-PRO, ein Cloud-basiertes Non-Profit-Organisation-Programm, das auf die Initiative eines Fujitsu Mitarbeiters hin startete, stellte Access Points in jedem Evakuierungszentrum bereit, so dass die Menschen ihre Angehörigen suchen und lokalisieren konnten – trotz des zusammengebrochenen Handynetzes. Darüber hinaus war Fujitsu in der Lage, den Gemeinden, deren eigene IT-Systeme durch Meerwasser weggespült oder beschädigt wurden, Cloud- basiertes Computing zur Verfügung zu stellen. So gelang es, die wesentlichen kommunalen Dienste aufrecht zu erhalten.

Ein Symbol der Hoffnung

Während sich Japan weiter regeneriert, wird eine einsame Kiefer zum Symbol der Hoffnung für die Menschen, deren Leben sich für immer durch die Katastrophe verändert hat. Der Tsunami zerstörte einen 70.000 Bäume umfassenden Wald am Ufer von Rikuzen Takata City (Präfektur Iwate) – bis auf eine Kiefer, die bis zum heutigen Tag steht. Trotz Meerwasserschäden an den Wurzeln, die das „Wunder der einsamen Kiefer“ ins Wanken bringen könnten, werden die Samen des Kegels verwendet, um neue Generationen von Kiefernwäldern zu säen. Und das nicht nur in Rikuzen Takata City, sondern überall auf der Welt, genauso wie die japanischen Unternehmen es tun.
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